Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Fest des hl. Justin, 1. Juni 2015

15/06/2015 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Wir müssen reden.

Das ist nicht eine Option unter etlichen anderen; das ist eine innere Notwendigkeit. Wir müssen reden.

Der Glaube ist keine Privatsache. Er gehört einem nicht allein. Der Glaube misst sich nicht daran, ob er mir, mir allein, gefällt und nützt. Der Glaube kann auch nicht für sich behalten werden, weil es so bequemer ist. Wer glaubt, muss reden, früher oder später – und sich stellen. Der Glaube ist auch nicht der Besitz einer kleinen Elite, nur ihr zugänglich. Er ist für alle da. Glaube ist immer öffentlich. „So soll euer Licht vor den Menschen leuchten…“ Wir müssen reden, mit der ganzen Menschheit. Darunter geht es nicht.

Jesus selbst ist gar nicht vorstellbar ohne sein Wort. Er spricht auf die ganze Schöpfung hin – und seine Rede wird ihn das Leben kosten. Die, die zu Jesus gehören wollen, unterliegen den gleichen Notwendigkeiten und Konsequenzen.

So feiern wir heute das Fest des hl. Justin. – Justin wurde um das Jahr 100 in Palästina geboren, in einer griechischen Familie, die nicht an Christus glaubte. Er suchte die Wahrheit an vielen Orten, in vielen Schulen und Moden des Denkens – um sie schließlich im Glauben an Christus zu finden. Diesen Glauben hat er dann gelehrt, überzeugt davon, dass Christentum und Philosophie, Glaube und Vernunft miteinander gehen können. Er hat geredet und begründet, Rechenschaft gegeben und zugehört, gefragt, erklärt, bekannt. Diesem Mann war es klar, dass der Glaube das Denken ebenso angeht wie das Fühlen; dass glauben einhergeht mit fragen und sinnen; dass der Glaube das ganze Leben betrifft. Also auch das Sterben. Um 165 wurde er unter Marc Aurel zusammen mit sechs Gefährten enthauptet, weil er Christ war.

„Für die Heiden eine Torheit, für die Berufenen aber Gottes Kraft.“

An Menschen wie Justin wird klar, was die Worte Jesu konkret bedeuten: Er war wirklich „Salz der Erde“: erst durch seine Gedanken und Worte, dann durch sein Blut. Er war “Licht der Welt“ – wie die, die heute enthauptet werden, weil sie an Christus glauben. Die Welt sieht immer – damals die Römer, heute alle. Und das Gesehene wirkt, früher oder später, auf diesen und diesen und diesen. Es liegt in der Natur des Lichtes, sich zu verbreiten…

Wir müssen reden. Irgendwann braucht es das Wort und die Tat. Was wir Christen reden und tun, mag ungelenk sein, schief, fragwürdig, aber das ist kein Grund, nicht zu reden und nicht zu handeln. Vielleicht haben auch bei Justin Wort und Leben erst im letzten Moment ganz zu einander gepasst. Der Weg dahin, zu dieser letzten Glaubwürdigkeit ist weit…

Wir müssen reden – obwohl wir wissen, dass es keiner hören will. Paulus, von dem die Lesung des Festtages stammt, ist sich völlig klar, dass er genau das sagen muss, was die Welt nicht hören will: das Wort vom Kreuz. Unsere Botschaft stößt sich an unserer eigenen Schwäche wie an ihrem Inhalt. Sie ist „unmöglich“. Aber die Unmöglichkeit darf uns nicht aufhalten. Das gilt im Glauben genauso wie im Lieben oder im Verändern.

Man kann das Christentum fragwürdig finden in seinem Denken. Auch das Christentum lässt Fragen offen; es bleibt ratlos und schweigend vor vielen Zweifeln und Ängsten des Menschen. Solches Schweigen ist Demut. Und Trost für die, die keine Worte mehr haben und denen keiner leichtfertig Worte aufdrängen darf.

Das Christentum ist fragwürdig in seiner Geschichte. Der Weg durch die Zeit war nicht gerade und unschuldig. Deswegen ist immer ein Wagnis, wenn Christen – wacklige Gestalten – hinausgehen und sich hinstellen vor die Welt und sagen: Ich glaube! Aber es lohnt sich. Denn der echte Glaube macht lebendiger, tiefer, erwachsener: das (bisweilen herbe) Glück des echten Lebens und der Wahrheit.

Ein Mann wie Justin ist Ausweis dafür, dass das Christentum nicht in Gefühlsseligkeit, nicht in naiver Frömmigkeit, nicht in die Verkinderung und Langeweile führen muss. Dass es ein Glaube ist, der es mit jeder Zeit und mit jeder Form von Leben aufnehmen kann.

Auf den ersten Blick haben wir oft nicht mehr zu bieten als Ärgernis und Torheit („was fällt denen ein?“). Aber irgendwann wird klar: Was Ärgernis und Torheit schien, ist in Wahrheit Kraft. Wir müssen reden – und unsere guten Taten dazu geben. Und eines Tages werden die, die uns hören, den Vater im Himmel preisen. Ihn, nicht uns. Dann ist das Wort angekommen.

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