Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

Aktuelles

Fest der Enthauptung Johannes d. T., 29. August 2022

29/08/2022 


Die Predigt zum Anhören

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Wie mag sein Blick gewesen sein, als der Knecht in die Zelle trat? Erstaunt? Erschreckt? Panisch? Ich bin sicher, sein Blick sagte dem Knecht: „Nun also bist du da.“ Dann ging alles schnell. Schnell und still. Das Einzige, was zu hören war: der Ton, den ein Schwert macht, wenn es durch Fleisch und Knochen dringt. Aus. Dann kamen Diener. Dann wurde die Schale durch die Gänge des Palastes getragen. Dann wurde sie dem Mädchen übergeben. Und das Mädchen gab sie seiner Mutter. Der zurückgewiesenen Frau. Wer eine Frau zurückweist, muss mit Konsequenzen rechnen.

„Für Elisabeth kam die Zeit der Niederkunft und sie brachte einen Sohn zur Welt.“ So beginnt alles. Stimmt gar nicht. Begönne es erst hier, dann hätte aus Johannes leicht auch ein Fischer werden können oder ein Schneider. Er hätte sein Leben gelebt, irgendwann wäre er gestorben.

Er wäre gestorben, weil er gelebt hat. Das ist so. Wer geboren wird, stirbt. Das eine ist die Konsequenz des anderen.

Aber so war es nicht. „Deine Frau Elisabeth wird dir einen Sohn gebären. Er wird groß sein vor dem Herrn.“ Gott hat Johannes zu etwas bestimmt. Die Bestimmung des Johannes war wohl klarer, massiver als bei uns. Johannes sollte der letzte und größte Prophet sein. Er sollte den Weg bereiten. So wollte es Gott. Von hier bis zur Enthauptung, die wir heute feiern, führt dann ein gerader Weg. Denn Johannes hat die Berufung angenommen. Er hat „für Recht und Wahrheit“ Zeugnis gegeben. So war es gedacht, und das führte zum Schwert. Eine gerade Linie.

Unser Leben ist eine Folge von Umständen und Entscheidungen, die sich aus anderen Umständen und Entscheidungen ergeben. Die wieder aus anderen. Konsequenzen. Und so wird der Spielraum immer weniger. Jede Entscheidung bedeutet das Ende hunderter anderer Möglichkeiten. Wer Malteser wird, kann nicht auch noch Freimaurer werden. Wer zur römisch-katholischen Kirche findet, kann nicht gleichzeitig Zeuge Jehovas werden. Wer diese Frau heiratet, kann nicht… und so weiter. Eines folgt aus dem anderen.

Wir versuchen das Gesetz der Konsequenz zu verdrängen. Wir lieben die Illusion der Freiheit. Ein Mann kann nicht eine Frau sein: Scheint heute irgendwie nicht mehr zu stimmen. Alt sein, bedeutete konsequenterweise einmal: kein Kind mehr bekommen. Nach den Plänen der aktuellen deutschen Regierung könnten aber 70-Jährige über Eizellspende, künstliche Befruchtung und eine Leihmutter Eltern werden. Man sagt uns hier und überall: „Was immer du willst, – du kannst es schaffen.“ Was eine Illusion ist. Eine Lüge. Ich werde kein klasse Skateboard-Fahrer (sagt man so?) mehr werden.

Es mag einen Spielraum geben, vielleicht ist er größer als früher, aber das Gesetz der Konsequenz liegt dennoch über uns. Wer geboren wird, muss mit Konsequenzen rechnen. Welchen? Mindestens dieser einen: Er wird sterben. Wer geboren wird, wird sterben. Das eine ist die Konsequenz des anderen.

Heute ist der „Gedenktag“ der Enthauptung Johannes des Täufers. So heißt es vorsichtig im Kalender. Aber man kann es drehen und wenden wie man will: Die Kirche feiert diese Enthauptung. Das allein ist schon seltsam und nicht einfach. Hinzu kommt, dass dieser Gedenktag uns an das Gesetz der Konsequenz erinnert. Man kann vieles spielen im Leben, man kann vieles mal ausprobieren, aber „für Recht und Wahrheit Zeugnis geben“ (so im Tagesgebet), das kann man nicht spielen. Das ist ernst. Das kann in eine finstere Zelle führen.

Flugblätter, die zum Widerstand gegen „eine verantwortungslose und dunklen Trieben ergebene Herrscherclique“ aufrufen, solche Flugblätter in den Lichthof der Universität zu werfen, kann zum Tod führen.

Johannes hätte auch den Mund halten können. Was muss er sich in die Ehe des Herrschers einmischen? Hat nicht jeder das Recht zu leben, wie er will? Ein „göttliches Gesetz“, das ist doch von früher! Bloß nicht anecken! – Stimmt, so kann man durchkommen. Man kann das Gesetz der Konsequenz austricksen, eine Zeitlang, es vergessen machen, – aber es auslöschen?

Johannes folgt seiner Berufung. Dem Willen Gottes. Das ist immer riskant. Vielleicht täuscht er sich? Wahrscheinlich werden ihn immer weniger Menschen verstehen. Es wird ihm wohl Ärger einbringen. Irgendwie scheint das bei allen Propheten so zu sein… Ja, es ist riskant, wie Johannes lebt. Sein Leben wird immer enger, nicht wahr? Eng wie eine Gefängniszelle. Selbst schuld.

Aber wird das Leben des Täufers in Wahrheit nicht immer größer? Ich spreche hier nicht von Ruhm, nicht von der Bewunderung der Nachwelt. Eher von der ruhigen, inneren Richtigkeit.

Aber Größe, das will keiner. Sie wollen Berühmtheit, Bekanntheit, Klicks und Follower. Und dann? Was, wenn sie das alles haben?

Johannes will Jesus vorangehen. „Im Leben und im Tod.“ Konsequent. Hier geht uns auf, dass die Konsequenz kein blindes Gesetz ist. Sie ruht auf dem Glauben und auf dem Vertrauen. Nicht auf einem Prinzip, sondern auf einer Beziehung.

Wie starb der Täufer? Stolz? Verbittert? Fanatisch? Resigniert?

Oder ruhig, wie der, der weiß: Es war richtig?

Und wie starb Herodias? Keiner weiß es.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

Souveräner Malteser-Ritter-Orden

Johannesgasse 2 - 1010 Wien - Österreich | T: +43 1 512 72 44 | E: smom@malteser.at

X