Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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5. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C), 6. Februar 2022

06/02/2022 


Die Predigt zum Anhören

5. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C), 6. Februar 2022

Predigt Ordensmesse 10:00 Uhr

Feierliche Vesper mit Predigt und Segen

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Gerührt oder geschüttelt, was ziehen Sie vor? Empörung oder Erschütterung? Oder Gleichmut? Was ist Ihnen am liebsten?

Ich habe den Verdacht, dass Sie am liebsten Ihre Ruhe haben, vor allem in religiösen Dingen. Ruhe und Sicherheit. Ist Gott so?

Alle drei Lesungen heute erzählen von Erschütterungen. Von erschütterten Menschen. Und ich weiß nicht, ob Sie hier die Erschütterung fürchten oder sich nach ihr sehnen. Sport, Kino, Musik, der Fetzenrausch, das alles gäbe es ja nicht, wenn Menschen nicht erschüttert werden wollten. Das Arztgespräch hingegen, das mit einer Erschütterung, einem Schock endet, das fürchtet jeder.

Isaias und Petrus sind durch fast eintausend Jahre getrennt, aber beide Männer haben Angst. Oder Furcht; der Unterschied spielt hier keine Rolle. Beide sind erschüttert. „Weh mir, ich bin verloren!“, ruft Isaias. „Geh weg von mir!“, sagt Petrus zu Jesus. Aber beide Männer, weder Isaias noch Petrus, laufen nicht davon. Und auch die Christengemeinde, heute die in Korinth, ist erschüttert, in Aufregung, nahe vor dem Auseinanderbrechen. Aber sie bricht nicht auseinander! Isaias ist der Herrlichkeit Gottes begegnet, Petrus ist Christus begegnet, und die Christen in Korinth begegnen Paulus, der sie einschwört auf das, was das Wichtigste im Glauben ist: die Auferstehung. Alle Menschen hier werden ganz plötzlich mit etwas konfrontiert, das ihren Alltag sprengt. Nicht nur ihren Alltag: ihr ganzes Leben!

Und Sie? Sind Sie bereit für einen solchen Moment?

Ich verstehe, dass Sie keinen Aufbruch wollen. Es ist ja schon genug Aufbruch derzeit. Aufbruch in unbekannte Zukunft. Ich kann verstehen, dass Sie genug haben von Aufregungen (s. a. PGR). Aber vor diesen drei Texten kommt mir doch die Frage: Kann man vor Gott immer nur gleichmütig bleiben? Kühl? Nüchtern? Leicht gelangweilt, alles im Griff? Ist es so mit Gott?

Simon Petrus lehnt ab. Das ist das Erste. Er ist frustriert durch die vergebliche Arbeit, hat Sorgen um das Auskommen seiner Leute und seiner Familie; er hat eindeutig mehr Erfahrung als dieser Mann, der von ihm verlangt, noch einmal hinauszufahren, am helllichten Tag, wo kein Fischer hinausfährt. Man fischt nachts, wenn die Fische die Netze nicht sehen können. Irgendetwas bringt Petrus aber dazu, dennoch dem Wort Jesu zu folgen, gegen sein eigenes Wissen und seine ganze Erfahrung. Und dann? Ein riesiger Fang, der zwei Boote beinahe versinken lässt! Simon Petrus ist bestürzt. Erschüttert. Er spürt, dass hier etwas ist, das viel, viel größer ist als er. Es geht ihm jetzt wie dem Propheten Isaias, der den unbeschreiblichen, unverfügbaren Gott schaut und erkennt, was alle Menschen erkennen, die Gott wirklich begegnen: Wer dem heiligen Gott begegnet, muss sterben. Der Sünder kann in dieser blendenden, furchtbaren Heiligkeit nicht existieren.

Isaias wird geläutert mit glühender Kohle, und Petrus wird zur Nachfolge gerufen.

Jesus tritt in das Leben ganz gewöhnlicher Menschen. Er tritt ein paar Fischern in den Weg, stört ihre Routine und zieht sie ins Licht. Er mutet ihnen zu, dass ihre Welt aus den Fugen gerät. Jesus zeigt seine göttliche Kraft. Kraft, die das Leben der Menschen von Grund auf verändert.

Das aber geschah, nachdem Petrus sich auf die Begegnung eingelassen hatte. Er war frustriert, verwundert, ärgerlich, müde – und tat dennoch, was Jesus ihm sagte.

Vielleicht ist dies das Entscheidende. Denn zur heilsamen (!) Erschütterung kommt es nicht ohne dieses allererste Sich-einlassen. – Dass Sie zur Messe kommen, bedeutet das, dass Sie sich einlassen auf Gott?

Normalerweise wird Religion nicht Erschütterung verbunden. Aus gutem Grund. Es gibt die schöne, nützliche, kluge Nüchternheit des Glaubens. Sie steht gegen den Rausch des Erfolges und den Überschwang der Andacht, der nicht hält und vielleicht zu gar nichts dient. Der wahre Glaube braucht keine Gefühle. Ich misstraue blühenden Gemeinschaften und begeisterten Gläubigen.

Wenn allerdings Nüchternheit, gesunder Menschenverstand, die eigenen Erfahrungen und Prinzipien zu einem Panzer werden, der Gott abhalten soll, dann ist der Glaube nicht mehr wahr. Denn in Wahrheit ist der Glaube ein Geschenk, gegeben von Gott an einen Menschen. Der wahre Glaube ist eine Begegnung. Ein Ereignis. Ein Weg. Ein Auftrag.

„Hier bin ich, sende mich!“, sagt Isaias in die Herrlichkeit Gottes hinein.

Petrus, Jakobus und Johannes folgen Jesus nach.

Und die Christen in Korinth finden zum Glauben an die Auferstehung zurück. Zum Glauben, der die Welt erschüttert.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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