Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

Aktuelles

4. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C), 30. Januar 2022

30/01/2022 


Die Predigt zum Anhören

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Warum regen sich die Leute so auf? Die da in Nazareth. Die am Ring in Wien. Die im Fernsehen oder auf Twitter. Eines ist mal klar: Wer sich aufregt, fühlt, dass er lebendig ist. Ein gutes Gefühl, wenn man jahrelang fast scheintot war. Viele Menschen sind beinahe scheintot vor lauter Arbeit. Oder lauter Fertig-Pizza. Und wer sich aufregt, weiß, dass er Recht hat. Gutes Gefühl, wenn man eigentlich unsicher ist oder von niemanden ernst genommen wird. In der Regel werden Männer, die Alu-Hüte tragen, von keinem ernst genommen.

Warum regen sich alle wahnsinnig auf, wenn ein Priester sich an einem Kind vergreift? Und warum regt sich keiner so richtig auf, wenn ein Trainer sich an den jungen Schwimmerinnen vergreift? Gut, das begrüßt keiner, aber richtig böse ist der Trainer nicht. Eine Frau, die einen Pelzmantel trägt, löst heute mehr Empörung aus. Oder eben ein Priester. Warum ist das so, warum dieser Unterschied? Weil es richtig ist. Der Priester, der sich an Kindern vergreift, ist noch schlimmer als der Fußballtrainer, der die Buben belästigt. Und ein Bischof oder Papst, der sich dann mehr mit der Zukunft dieses Priesters befasst als mit dessen Opfern, der ist schlimmer als der Wirtschaftsboss, der das Zimmermädchen betatscht. Und deswegen: Ich trete aus der Kirche aus!

Nein, nicht ich. Aber viele andere. Sagen es, tun es, werden gefragt, warum sie es nicht tun. In den Medien sitzen in diesen Tagen alle möglichen Leute zu Gericht über die Kirche. Laien, beliebte Pfarrer, berühmte Leute, unbekannte Leute. Und natürlich Journalist*innen. Mich wundert das nicht weiter. Die Kirche hat ja auch lange genug alle anderen gerichtet.

Ein Trainer beansprucht nur zu wissen, wie das geht: möglichst schnell laufen und gewinnen. Aber jeder x-y-Pfarrer erhebt den Anspruch zu wissen, was das richtige Leben ist; was die Wahrheit ist, was Gott ist. Deswegen erwarten die Leute von einem Priester zu Recht mehr als von einem Schwimmlehrer.

In Mailberg ist kürzlich wieder jemand aus der Kirche ausgetreten. In Wien ist kürzlich jemand in die Kirche eingetreten. Ich selbst werde in der der Kirche bleiben. Um meine Pension nicht zu verlieren, richtig.

Im Ernst: Ich kann mich gewiss nicht mit einem Kind vergleichen, das von einem Priester missbraucht wurde. Keiner kann das. Aber mit einer Hausfrau, die sich einfach über „die Pfarrer“ und den Kirchenbeitrag ärgert, mit der kann ich mithalten. Ich habe von Priestern so viel Unrecht, so viel Niedertracht, so viel Dummheit, so viele Beleidigungen erfahren in all den Jahren, dass ich hundert Gründe hätte, aus der Kirche auszutreten.

Der Mann, der neulich katholisch wurde, wird jetzt von allen Verwandten und Freunden gefragt: Wie kannst du?! Wie kannst du jetzt katholisch werden? Bei einem Ehepaar, wo sie schon längst ausgetreten ist, er aber bleiben will, entbrennt die Diskussion neu: Warum trittst du nicht endlich aus diesem Verein aus?

Nun, weil der Verein kein Verein ist. Ich weiß, dass viele Leute die Kirche als einen Verein ansehen. Das ist falsch. Diese Leute sind im Unrecht. Und sie fragen nicht, was richtig ist!

Wenn heute jeder Mensch sogar sein Geschlecht definieren darf, dann darf doch wohl auch die Kirche selbst definieren, was sie ist. Sie hat ein Recht darauf, gehört zu werden. Was sagt die Kirche von sich selbst? Dass sie eine ist, heilig, katholisch und apostolisch.

Letzteres bedeutet: Sie geht auf die Apostel zurück und ist gebunden an das, was die Apostel verkündet haben.

„Katholisch“ bedeutet: Die Kirche ist universal, weltweit, vor den Nationen, Rassen, sozialen Schichten und vor jedem Geschlecht.

„Eine“ bedeutet: Sie hat einen gemeinsamen Glauben und einen Herrn. Christus. Und deswegen ist die Kirche heilig: Weil Christus ihr Haupt ist. Nicht der Papst. Anders gesagt: Die Kirche ist nur dort heilig, wo Christus in ihr ist.

Warum ist man in der Kirche? Und warum tritt man nicht aus der Kirche aus? Warum wird man katholisch? Wegen Christus. Wegen des Evangeliums. Wegen der Sakramente. Christus gibt es nicht ohne sein Evangelium und nicht ohne seine Jünger, seine Gemeinde. Wenn er die aushält, kann ich es auch. Die Sakramente und ihre Gnade gibt es in Vollendung nur in der katholischen Kirche.

Deswegen kann ich nicht aus der Kirche austreten. Aus der Kirche austreten kann nur der, der die Kirche nie verstanden hat. Und das ist das Schlimme: dass die Leute gar nicht erst verstehen wollen, was die Kirche ist. Die Leute wollen sich aufregen. Da „gerieten sie alle in Wut“…

Was Christus gerade mit seiner Kirche vorhat, verstehe ich auch nicht. Warum diese Erniedrigung? Warum die Schande, die kein Ende nimmt? Warum alle diese Veränderungen? Warum alle diese Idioten und Idiotinnen? Warum ist ausgerechnet ein Mann wie ich Priester? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur: Christus ist das Haupt. Er ist bei seiner Kirche „alle Tage bis zum Ende der Welt“. Er ist es, der den Weg zeigt. Wohin aber führt es uns? „Wohin wir nicht wollen“, steht im Johannes-Evangelium (20,18), d. h. nicht zu Ansehen, Größe und Erfolg; noch nicht einmal unbedingt zum Überleben in dieser Welt. Aber zum Vater.

„Schaue nicht auf unsere Sünden, sondern auf den Glauben deiner Kirche.“ Diese Kirche, das ist Christus selbst; das sind Maria, die Apostel, die vielen heiligen Frauen und Männer. Und jeder von uns in den Momenten, wo er den wahren Glauben und die Liebe hat.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

Souveräner Malteser-Ritter-Orden

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