Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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24. Sonntag im Jahreskreis (B), 16. September 2018 – Sich stellen –

16/09/2018 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

„Du musst dich wehren!“ Immer mehr Leute denken das. Und wehren sich gegen Unternehmen, Behörden, Politiker, Ausländer… Die Gegner wechseln, aber das Gefühl, es geschehe einem Unrecht, man müsse endlich mal die Meinung sagen, aufstehen, auf die Straße gehen, was tun, dieses Gefühl verbreitet sich immer mehr.

In der Lesung heißt es heute: „Ich wehrte mich nicht.“ – Genauer: „Der Herr hat mir das Ohr geöffnet. Ich aber wehrte mich nicht und wich nicht zurück… Ich mache mein Gesicht hart wie Kiesel.“ Da ist also einer, der sich nicht wehrt; aber wir spüren: Der ist kein Weichei.

Die Lesung aus dem Alten Testament ist dem Evangelium zugeordnet. Dem Evangelium nach Markus, wo es heute heißt: „Dann eröffnete er ihnen, der Menschensohn müsse vieles erleiden.“ Da machte Petrus dem Herrn heftige Vorwürfe: „Niemals! Wir wehren uns! Mit allen Mitteln!“ So ähnlich wird die Rede des Mannes gewesen sein. – „Weg von mir, Satan! Weg von mir! Weil du nicht denkst, was Gott will.“

Hier haben wir den Schlüssel: Das, was Gott will. Sobald das ins Spiel kommt, kommt Kraft, steinerne Härte. „Darum mache ich mein Gesicht hart wie Kiesel.“ Wo es um Kinderkram geht, um Blödsinn, um Beliebiges, da kann man rudern und springen und weichen. Wo es um Gott geht, da bleibt man stehen. Man bleibt einfach stehen, aufrecht und ruhig.

Zurückschlagen, laut werden, insistieren, das letzte Wort haben wollen, Anwälte nehmen, Briefe schicken ist nicht die einzige Art, sich zu wehren. Bisweilen ist es tapferer standzuhalten. Stilles Standhalten. Darum geht es. Es geht um Tapferkeit.

Es ist ein begnadeter Moment, wenn die Opfer aufstehen. Wenn Frauen sich wehren oder ausgebeutete Völker oder missbrauchte Kinder. Aber es gibt auch diesen Weg: das stille Standhalten. Vor allem dann, wenn es nicht um andere geht, sondern nur um mich. Um mich und meinen Gott.

„Der Herr hat mir das Ohr geöffnet. Ich aber wich nicht zurück.“ In diesen Worten entdecken Sie eine ganz neue Haltung. Von der die Welt keine Ahnung hat.

In diesen Worten ist eine Begegnung, ein Zusammentreffen. Gott und Mensch. Da ist eine Tat – Gott öffnet das Ohr – eine Tat und ein Halten – „ich aber wehrte mich nicht.“ Nicht wehren. Aber auch nicht zurückweichen. Geschehen lassen und standhalten. Das ist etwas anderes als ertragen. Wer standhält, gestaltet. Er wirkt.

An Jesus sehen Sie, was gemeint ist, – an ihm, den sie „den Herrn“ nennen, bis zum Schluss. „Wer will mit mir streiten? Lasst uns zusammen vortreten!“ Das ist die Haltung, mit der er nach Jerusalem geht. Dort lässt er geschehen, was geschehen muss. Standhaltend. Die, die meinen, ihn zu erledigen, besorgen in Wahrheit sein Geschäft. Während es wimmelt und schreit und streitet und klagt, steht das Kreuz. Still und hoch. Alle kommen und gehen auf Golgotha. Der Herr bleibt. Er ist angenagelt. Von der Liebe, nicht von den Idioten. Seine Leute laufen weg. Er bleibt. – „Alle Völker umringen mich; ich wehre sie ab im Namen des Herrn. Sie umringen, ja, sie umringen mich, ich wehre sie ab im Namen des Herrn. Sie umschwirren mich wie Bienen. Wie ein Strohfeuer verlöschen sie. Sie stießen mich hart, sie wollten mich stürzen, der Herr aber hat mir geholfen.“ Der Psalmist hat es vorausgeschaut.

Der Herr sagt dir: Geh nicht weg. Geh nicht weg von dir selbst. Keinen Schritt. Denn wo du bist, bin ich. Das ist die Rede des Kreuzes wie der Eucharistie. Wo Jesus standhält. Wo er uns in dieser hechelnden Welt sagt: Stehe still! Warte! Halte aus! Reife! Tue gar nichts.

Das geht leichter, wenn dahinter der Glaube steht. Was bedeutet es zu glauben? Glauben heißt: Niemals das Fröhliche, das Glückliche, das Gute vergessen. Geschmeidig sein, „stillen Sinns“ und jedes Mal, wenn einem etwas fehlschlägt, unverzüglich von vorne beginnen (s. Kierkegaard).

Tapferkeit ist Standhalten und Gestalten. Weitermachen. Tapferkeit ist eine Haltung, die es im Alltag nicht braucht. Aber am Tag der Forderung! Tage der Forderung gibt es schon in der Schule und sie reißen nicht ab, bis wir die Augen schließen.

Tapferkeit kann der lauten, gellenden Tat vorausgehen; sie kann aber auch Rückzug sein, ins Innere hinein. Wo sich alle Kraft bündelt. „Darum mache ich mein Gesicht hart wie Kiesel.“ Hart außen. Glühend innen.

Es reicht dann die Empfindung zu leben. Sich selbst genug zu sein, keinen anderen zu haben und keinen anderen zu brauchen. Sich selbst ein Freund zu sein. Nicht verlieren zu können, was war. Denn das, was war, ist immer mit uns, auch wenn wir es vergessen oder die anderen es uns nehmen wollen.

Dieses Ausharren befähigt zur freien Wahl, zur Annahme. Jesus nimmt das Kreuz an – und ist in diesem Moment stärker als alle Täter.

Tapferkeit ist, sagt der hl. Thomas, Festigkeit. Festigkeit der Seele. Gabe des Heiligen Geistes. Der Tapfere kennt die Momente, wo er nicht mehr nach außen handelt, sondern innerlich wird. Wo er darauf verzichtet zu antworten, zu verstehen, sich zu kennen. Er kennt das eigene Herz nicht. Aber er setzt es aufs Spiel. Und da sind Menschen, die das sehen – und wieder Mut schöpfen. Weil einer tapfer war.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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