Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Erster Adventsonntag, 27. November 2016 „Am Ende der Tage wird es geschehen.“

11/01/2017 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Die Kirchengeschichte ist eine Last. Aber nicht, wie Sie denken. Natürlich gibt es in der Geschichte der Kirche Schandtaten und Verbrechen, Versäumnisse und Dummheiten – wie es auch Glanz gibt und sehr viel Liebe. Aber es ist nicht das Dunkle an der Kirche, das mich belastet. Das sehe ich und denke mir: 2000 Jahre, Milliarden von Menschen – es wäre ein wirkliches Wunder, wenn da alles gut wäre. Wie kann die Kirchengeschichte gut sein, wenn noch nicht einmal die Geschichte einer katholischen Familie oder Pfarre gut ist? Wie es Priester gibt, die einmal gute Priester werden wollten und dann scheitern, aus eigener Schuld, so gibt es auch Paare, die einmal eine gute Ehe führen wollten und eines Tages zugeben müssen: Ich habe meinen Partner belogen und betrogen. Heuchler gibt es nicht nur in der Kirche.

Nein, was mir an der Kirche zur Last wird, ist die ihre schiere Dauer. Sehen Sie: Die ersten Christen waren sich sicher, die Wiederkunft Jesu selbst zu erleben. Und wir warten immer noch. Die Welt fragt uns: „Wo ist nun euer Gott?“ und glaubt uns immer weniger. Warum lässt Gott das zu? Wird Jesus je wiederkommen? Eigentlich warten wir gar nicht mehr. Wir beten zwar „Dein Reich komme“, aber in Wahrheit halten wir dieses Reich für fern oder eine Fabel.

Da draußen ist der Advent vieles. Hier ist der Advent nur eines: Konfrontation mit der Zeit. Mit dem Warten, dem Hoffen, mit Geduld und Durchhalten… Ist das alles etwas für Sie? Wie gehen Sie mit der Zeit um? Wie sehen Sie diese Welt? – Die Welt scheint an den meisten Tagen eine unendliche Abfolge von Terminen: Schulaufgaben, Untersuchungen, Meetings, Ferien, Verabredungen… Was kommt dann? Achselzucken? Nichts mehr?

Es gibt Leute, die instinktiv annehmen, es werde nie etwas geschehen. Die Welt, das sei immer das Gleiche. So denken die Bleiernen, die Müden, die Kalten. Und es gibt Leute, die in Panik leben vor den Schrecken, die kommen werden. Irgendetwas wird passieren. Etwas Schlimmes. Die so denken, sind nie wirklich ruhig. Ihre Seele flattert wie der Vogel im Käfig. Und es gibt die, die die Schrift hören: „Am Ende der Tage wird es geschehen.“ Sie warten und hoffen. Ruhig, stark, ernst, froh.

„Am Ende der Tage wird es geschehen“, heißt es in der Lesung aus dem Propheten Isaias. Das bedeutet: Die Welt hat ein Ende – und damit ein Ziel. Die Welt taumelt nicht irgendwie dahin, sie hat eine Struktur. Eine innere Ordnung. Wir sehen diese innere Ordnung der Welt vielleicht nur momentweise; etwa, wenn uns aufgeht: Das war richtig; dieser verschlungene Weg in meinem Leben hat zu etwas Gutem geführt.

„Am Ende der Tage wird es geschehen.“ Das bedeutet: Die Welt bleibt nicht, wie sie ist. Sie wird einmal gut. Die ersten Christen freuten sich auf die Wiederkunft Jesu, weil sie davon Rettung und Erlösung erwarteten. Was erwarten Sie? Was erwarten Sie von Christus? Rettung und Erlösung? – Ist einer, der nicht auf die Wiederkunft Christi wartet, überhaupt ein echter Christ? Echte Christen haben „Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes“ (Röm 5): In diesem Glauben steckt die Möglichkeit eines echten Aufbruchs. Trump, Orban, Erdogan, Strache, Le Pen werden gewählt, weil sie einen Aufbruch versprechen. Eine Zukunft. Es soll nicht bleiben, wie es ist: elend, schwierig, anonym, aussichtslos. Es wird anders werden! Aber sie versprechen eine Zukunft, die aussieht wie die gute alte Zeit. („alles soll wieder so werden, wie es einmal war“ – die Bankrotterklärung schlechthin). Die Kirche wird niemals versprechen: Es wird alles wieder so wie früher (und die in der Kirche, die das fordern, wird die Geschichte zertrampeln).

 

Fragen Sie sich: Vertraue ich? Oder habe ich resigniert? Vergehe ich vor Angst oder Sorgen? Oder habe ich Hoffnung? Wem gehöre ich? Der Vergangenheit? Oder der Gegenwart – nur dem vor meiner Nase? Oder gehöre ich zur Zukunft?

Christen warten; sie hoffen. Aber warten wird mühsam mit der Zeit, und hoffen wird naiv, – wenn wir es alleine unternehmen. Wer aber in der Gemeinschaft der Kirche wartet, d. h. in der Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist, der hat Geduld. Der hält durch. Der erkennt durch das Evangelium, welche Freude und Hoffnung im Leben ist. Es geht heute, am Ersten Advent, um die Entscheidung zu vertrauen. Darum, das Vertrauen zu üben (machen Sie Ihre Kinder nicht zu Nihilisten!). Einer, der Vertrauen hat (in die Zukunft), lebt anders. Er weiß: „Der Berg mit dem Haus des Herrn steht fest gegründet.“

„Es wacht, wer die Augen offen hält

für den Anblick der wahren Lichtes.

Es wacht, wer dient,

indem er ausführt, was er glaubt.

Es wacht, wer die Finsternis der Trägheit und Nachlässigkeit von sich weist.“

(Gregor d. Gr., + 604)

 

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