Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Fest des hl. Bruno, 6. Oktober 2014

22/10/2014 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

„Im Anfang war das Wort…“ Er aber geht ins Schweigen. Das Evangelium sagt: „Geht zu allen Völkern… “  Er aber geht weg von den Menschen. Das ist Kühnheit: Das womöglich Falsche riskieren und genau so das Richtige tun.

Der heilige Bruno wurde um 1030 in Köln geboren. Mit kaum 30 Jahren wird er Leiter der Domschule in Reims, Lehrer von Männern, die einmal die Kirche prägen werden. Sein berühmtester Schüler ist der spätere Papst Urban II.

Jeder, der Verantwortung trägt und Macht hat, wird in Auseinandersetzungen geraten. Bruno geht es nicht anders. Da entzieht er sich (nicht jede Auseinandersetzung ist es wert, geführt zu werden) und wird 1083 Benediktiner-Mönch in Molesme. Wenig später verlässt er mit sechs Gefährten das Kloster und geht in die Gebirgswildnis bei Grenoble: der Anfang der Grande Chartreuse, Mutterkloster des Kartäuser-Ordens (Schweigen und Einsamkeit). Aus der Einsamkeit ruft ihn der Papst nach Rom als geistlichen Berater. 1091 gründet Bruno in Apulien eine weitere Kartause, La Torre; dort stirbt er am 6. Oktober 1101.

Bruno verstummt, nachdem er gesprochen hatte; er verschwindet, nachdem er im Licht gestanden hatte. Eine ganz erstaunliche Mobilität in diesem Leben: Karriere und Ausstieg; immer wieder eine Wende. Das aber ohne getrieben zu sein. Nicht die Flatterhaftigkeit dessen, der keine Mitte hat. Stattdessen eine Kraft und eine Konzentration, die zu immer größerer Leichtigkeit führen. Woher kommt das? Die Lesung und das Evangelium seines Festtages bringen es auf den Punkt: Bruno kann wie Paulus sein Leben lang sagen: „Ich strebe!“. Er hat wie der Völkerapostel „das Ziel vor Augen“: „Christus will ich erkennen.“ Das geschieht nicht in einem Blick.

Jenen Christus, der von sich selbst sagt: „Der Menschensohn hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann.“ Das meint nicht nur geographische oder soziale Heimatlosigkeit. Das meint Disponibilität für den Willen Gottes. Freiheit. Um die wir in der Oration des Tages bitten: „dass wir uns nicht blenden lassen vom Glanz dieser Welt.“ Wer sich vom Glanz dieser Welt blenden lässt, sitzt fest. Gebannt und blöde.

„Der Geist weht, wo er will.“ Das bedeutet Mobilität auch im Sinne einer gewissen Uneindeutigkeit. Wer von außen auf die Kirche schaut, wird irritiert sein; auch Fragen stellen. Die Armut der Mönche ist nicht die Armut derer, die nie etwas hatten. Ihr Gehorsam nicht der von Menschen, die nie etwas zu melden hatten. Brunos Einsamkeit ist nicht die der Menschen, die niemand haben. Die Nähe Jesu zu den Armen ist nicht eine künstliche, kitschige Nähe der Nachahmung.

Das Schweigen des Kartäusers ist auch nicht das Schweigen der Menschen, die nie gelernt haben zu reden. Es geht nicht um Nähe zu den Sprachlosen, und Bruno fordert nicht das Ende der Bildung. Im Schweigen des Kartäusers geht es um Freiheit. Freiheit im Sinn von Leer-werden. Raum für Gott.

 

Unser Reden macht uns ja nicht frei. Wir sind Gefangene der Wörter. Der, der sich immerzu rechtfertigen muss, immer das letzte Wort haben muss in jedem noch so dummen Streit. Gefangen ist der, der die letzten Neuigkeiten verbreiten muss, weil er sonst platzt. Der, der Debatten führt, nicht um des Lernens, nicht um der Wahrheit willen, sondern um der Debatte selbst willen. Jede Talkshow zeigt uns Sklaven der Wörter. Der, der sich selbst und die Nichtigkeiten seines Tages zum Thema macht. Facebook und Twitter werden ja nicht fraglos dadurch, dass alle diese Netzwerke nutzen. Wort Jesu: „Ich sage euch: Über jedes unnütze Wort, das die Menschen reden, werden sie am Tag des Gerichts Rechenschaft ablegen müssen“ (Mt 12, 36). Aber vielleicht muss man gar nicht mit diesem Wort des Herrn beginnen, sondern es genügt die Frage: Für wen hältst du dich, dass du alles von dir mitteilen musst? Sei diskret! Tritt zurück!

„Sprich nur ein Wort…“, sagt der heidnische Hauptmann zu Jesus. Und in der Tat: bewundernswertes Schweigen der Evangelien. Keine Ausschmückungen. Einfachheit. Bewundernswertes Schweigen der Liturgie: Keine Beschwörungsformeln, keine Geheimnistuerei. Ein paar wenige Worte,– und es geschieht das Wunder der Wandlung. Bewundernswertes Wirken der Engel, denen ein einziges Wort genügt, um für Ewigkeiten die Schönheit Gottes zu preisen: „Heilig!“

Der Glaube wird weiter gegeben durch das Wort; die Kirche ist Gemeinschaft. Damit aber Wort und Gemeinschaft echt werden, über Formeln und Moden hinaus kommen, sein können und nicht Machenschaft, braucht es das Schweigen und die Einsamkeit in der Kirche

„Die Einsamkeit ist der Weg, der zum Leben führt.“ Das ist das Ziel: das Leben. Im Geschwätz wird es nicht zu finden sein, auch nicht in der Gruppe der Komplizen. „Die Einsamkeit ist der Weg, der zum Leben führt.“ Bruno sagt es und tritt zurück ins Schweigen.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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