Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Dienstag der 1. Adventswoche, 29. November 2016 „Selig sind die, deren Augen sehen, was ihr seht.“

11/01/2017 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Nicht alles, nicht für alle, nicht zu allen Zeiten. Oder, in eine Frage gewendet: Haben Sie die Kraft, etwas Besonderes zu sein? Können Sie damit leben, Gott nur auf einem einzigen Weg zu finden? Und können Sie sich beschenken lassen, mit etwas sehr, sehr Wertvollem?

„Niemand weiß, wer der Vater ist, nur der Sohn… und der, dem es der Sohn offenbaren will.“ – „Jesus wandte sich an die Jünger und sagte zu ihnen allein: Selig sind die, deren Augen sehen, was ihr seht.“ Der Glaube betrifft jeden Menschen – „geht zu allen Menschen…“ – und schließt doch aus. Der Glaube ist nicht jedem zugänglich, und nicht zu jeder Zeit. Und der Glaube kennt nur einen einzigen Weg und nur ein einziges Ziel: Christus.

Die „Weisen und Klugen“, „viele Propheten und Könige“: Sie sind ausgeschlossen. Die Unmündigen nicht. Sie sind die Bevorzugten. Die Unmündigen sind die, die nicht selber machen.

Dieses Evangelium bringt Licht in unser Fragen. Sie fragen sich: „Warum die einen und die anderen nicht? Warum glauben die einen und die anderen glauben nicht? Warum glaube ich, aber meine Kinder nicht? Wieso habe ich das Privileg, das Glück zu glauben und meine Freunde haben es nicht?“ Das Evangelium antwortet Ihnen: Weil es Gott so gefallen hat. „Ja, Vater, so hat es dir gefallen.“ Jesus sagt das „voll Freude“.

Wie viel leichter, wie viel tröstlicher wäre es, so denken wir, wenn alle überall zu jeder Zeit glauben könnten! Wie anders sähe die Welt aus. Doch schon auf dieser Ebene bleibt der Glaube dunkel. Ein Evangelium der Verdunklung – mindestens so sehr, wie dies auch ein Evangelium der Klarheit ist. Dieses Evangelium nimmt uns die Idee, der Glaube sei etwas Einfaches, allgemein Zugängliches, etwas, was wir eben nur zu tun bräuchten. Dieses Evangelium lässt uns aufgehen, wer im Glauben die Initiative hat und die Regeln bestimmt: Gott ist es. Gott, den „niemand weiß“. – Niemand weiß, wer der Sohn ist, niemand, wer der Vater ist. Das ist das Erste: das zweifache „Niemand!“ Dann erst kommt die Offenbarung; dann erst teilt Gott sich mit. Die Offenbarung ist die Zugabe, das große Geschenk. Und von nun an gilt das Paradox. Niemand weiß, aber manche wissen.

Nicht sehen und sehen, verbergen und offenbaren, Gott verbirgt und Gott zeigt. Gott zeigt sich. Deswegen kommt der Glaube vom Sehen. Denken Sie an Ihr Leben und sie werden verstehen, was das bedeutet. Wenn ein Mensch sich nicht zeigen will, werden wir ihm nie nahe kommen, ihn nie verstehen. Wir können uns sehnen, so sehr!, wir können begehren, wir können lieben: Wenn der andere nichts von sich zeigt, läuft alles ins Leere. Und so ist es auch mit Gott. Deswegen sieht der Prophet. Visionen und Zeichen sind auf dem Weg des Glaubens. Es kennt um das rechte Erkennen. Also zuallererst um das Hinsehen. Die Unmündigen können das; besser als die Weisen und Klugen, deren Blick alt ist. Der Blick der Kinder ist immer neu. Sie sagen nicht: „Kenn’ ich schon!“, sondern verlieren sich im Schauen. „Selig sind die, deren Augen sehen, was ihr seht.“

Was können wir sehen, – jetzt, wo wir Jesus nicht mehr vor Augen haben wie die Jünger? Die Vision des Propheten nennt die Zeichen für die Gegenwart Christi: den Geist der Weisheit, der Einsicht, des Rates und der Stärke. Wo immer Erkenntnis ist und Gottesfurcht, da ist Christus. Wo immer gerecht gerichtet wird, wo immer einer den Armen zugewandt ist und die Gewalttätigen zurückschlägt, wo immer auch nur eine Spur von Gerechtigkeit und Treue sind, da ist Christus. Christus zeigt sich. Er ist erkennbar in dieser Welt hier. Alle Offenbarung und alle Rettung geschehen durch ihn. Nicht nur in der Vergangenheit, nicht nur in ferner Zukunft, wenn er wiederkommt in Herrlichkeit, nein: heute, hier, überall. Alles führt zu ihm; alles, was gut ist in dieser Welt. – „Das Land ist erfüllt von der Erkenntnis des Herrn.“

„Lehre uns… die Welt im Licht deiner Weisheit zu sehen“, heißt es in den Gebeten dieser Messe. Lehre uns zu staunen über den Glauben.  Die Welt im Licht Gottes sehen, das ist der Glaube. Staunenswerter Glaube! Staunenswertes Geschenk Gottes!

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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